Hexentanz
Oper in einem Akt von Bettina Weber

Inhalt

In einem Dorf hersscht fröhliches Markttreiben.
Kinder spielen ein Abzählspiel, dessen Verlierer laut als "Hexe" verlacht wird. Pater Johannes ruft sie daraufhin streng zur Ordnung.

Die Stichlerin und die Hatzin, zwei angesehene Bäuerinnen, sowie ihre beiden Töchter Dore und Marie beginnen, über das Hexenwesen und die Prozesse in anderen Städten zu tratschen, sind aber überzeugt, dass in ihrem eigenen Dorf so etwas nicht geschehen kann.

Dore gerät in Streit mit ihrem Verlobten Gregor, der von der Richtigkeit der Hexenprozesse völlig überzeugt ist. Sie weist ihn ab, als er sie zum Tanz führen will. Aus Ärger darüber holt Gregor die von allen verachtete Waise und Magd Agnes zum Tanz, was große Empörung hervorruft. Die Dorfbewohner ziehen sich nach und nach in ihre Häuser zurück. Dore aber schwört, sich an Agnes zu rächen.

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Agnes bleibt allein und denkt über das nach, was ihr gerade widerfahren ist. Ihr sehnlichster Wunsch ist es, Menschen zu finden, die sie lieben und annehmen, ihr Geborgenheit und Sicherheit schenken. Traumverloren beginnt sie zu singen und zu tanzen, wobei sie nicht bemerkt, dass sie von Dore und Marie beobachtet wird.

Ein Gewitter bricht los. Verängstigt kommen die Dorfbewohner aus ihren Häusern und stellen fest, dass die gesamte Ernte vernichtet ist.

Pater Johannes erklärt, das Unwetter könne nur die Folge einer schweren Übeltat sein. Daraufhin beschuldigen Dore und Marie Agnes der Hexerei: sie habe unzüchtig auf dem Marktplatz getanzt, den Teufel angerufen und das Unwetter beschworen. Agnes wird zum Verhör abgeführt, dem Gregor als Gerichtsschreiber beiwohnt.

Pater Johannes befiehlt ein Bußgebet, um weiteren Schaden vom Dorf abzuwenden.

Der Büttel gibt bekannt, dass Agnes ihre Schuld gestanden hat und deshalb auf dem Scheiterhaufen hingerichtet werden soll.

Gregor kehrt verstört aus den Amtsräumen zurück - erschüttert von der brutalen Durchführung des Verhörs und nunmehr sicher, dass Agnes unschuldig ist und dass es überhaupt keine Hexen gibt. Sein Versuch, Agnes zu befreien, schlägt fehl. Vor aller Augen wird das Mädchen zum Richtplatz geführt.

Vor der Vollstreckung des Opfers verliest der Büttel die Anklageschrift und nennt die Mitschuldigen, die Agnes auf der Folter angegeben hat - und unter denen sich auch Dore befindet.

Entsetzt weichen die Dorfbewohner zurück und begreifen, dass der Hexentanz erst begonnen hat.

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Notenblatt mit Blockflöte

  Besetzung

Margarete Stichlerin*, eine angesehene BäuerinAlt
mittlere Partie, Schwierigkeitsgrad mittel
Dore*, ihre TochterMezzosopran
mittlere Partie, Schwierigkeitsgrad mittel
Agnes, ihre MagdSopran
große Partie, Schwierigkeitsgrad anspruchsvoll
Magdalene Hatzin*, eine angesehene BäuerinAlt
mittlere Partie, Schwierigkeitsgrad mittel
Gregor*, ihr SohnMezzosopran
mittlere Partie, Schwierigkeitsgrad mittel
Marie, ihre TochterSopran
mittlere Partie, Schwierigkeitsgrad mittel
Pater JohannesBariton
kleine Partie, Schwierigkeitsgrad mittel
BüttelSprechrolle
mittlere Partie
Abelsche Trude, eine alte KräuterfrauSprechrolle
kleine Partie
Katrine Göblerin, Hebammestumme Rolle
kleine Partie

Dorfbewohnergemischter Chor, wahlweise S1 S2 A M oder S A T B
mittlere Partie, Schwierigkeitsgrad anspruchsvoll
KinderSprechchor
kleine Partie, Schwierigkeitsgrad mittel

Begleitung

Flöte
Oboe
Violine 1/2
Viola
Violoncello
Schlagzeug

Der Vokalpart richtet sich vom Schwierigkeitsgrad her an Gesangsschüler oder vorgebildete Laien, der Instrumentalpart an professionelle Musiker oder fortgeschrittene Laien.
Die mit * gekennzeichneten Rollen setzen die Fähigkeit voraus, in einem Ensemble eine zweite oder dritte Stimme durchzuhalten.

Aufführungsdauer: ca. 60 Minuten

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Notenblatt mit Blockflöte

  Aufführungen

11.10.2004, Stadthalle Gelnhausen (Uraufführung)Opernschule Gelnhausen und Rhein-Sieg-Kammersolisten
23.04.2005, Stadtmuseum Siegburg Opernschule Gelnhausen und Rhein-Sieg-Kammersolisten
04.06.2005, Stadtrechtefeier Gelnhausen Opernschule Gelnhausen und Rhein-Sieg-Kammersolisten
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Notenblatt mit Blockflöte

  Literaturliste

Sachbücher

  • Margit Bachfischer, Musiker, Gaukler und Vaganten, Battenberg
  • Wolfgang Behringer Hexen und Hexenprozesse in Deutschland, dtv
  • Siegfried Birknher Das Leben und Sterben der Kindsmörderin Susanna Margaretha Brandt Insel Taschenbuch
  • Johann Diefenbach Der Hexenwahn Bechtermünz Verlag
  • Franz Irsigler/Arnold Lassotta Bettler und Gaukler, Dirnen und Henker dtv
  • Heinrich Kramer (Institoris) Der Hexenhammer (Malleus Maleficarum) dtv
  • Harry Kühnel Alltag im Spätmittelalter Verlag Styrin
  • Rolf Schneider Vor 1000 Jahren Weltbild
  • Heidi Staschen Verraten, verteufelt, verbrannt rororo
  • Oskar Wächter Hexenprozesse Reprint Verlag Leipzig

Einzelbeiträge

  • 2 Hefte der Magazinreihe "Damals"
  • Gelnhausen Das Magazin
  • Geschichten aus 1000 Jahren, Band 1
  • Ein Spaziergang durch Gelnhausen, Klecks Verlag

Romane/Schauspiele

  • Ingeborg Engelhardt, Hexen in der Stadt, dtv
  • Ulrike Haß, Teufelstanz, rororo
  • Isolde Heyn, Hexenfeuer, Ravensburger
  • Max Kruse, Anna zu Pferde , dtv
  • Arthur Miller, Hexenjagd, Fischer
  • Siegfried Obermeier, Die Hexenwaage, Bechtermünz Verlag
  • Celia Rees, Hexenkind, Arena

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Notenblatt mit Blockflöte

  Erläuterungen zum Stück

Nach der abgeschlossenen sehr erfolgreichen Zusammenarbeit bei "Der Geburtstag der Infantin" trat im September 2003 die Musikwerstatt der Engelbert-Humperdinck-Gesellschaft in Siegburg mit dem Angebot an mich heran, mir für das Jahr 2004 ihr alljährlich ausgeschriebenes Stipendium zu verleihen. Verbunden mit diesem Stipendium war der Auftrag, eine weitere Oper zu schreiben, die in Umfang, Besetzung und Form der "Infantin" ähneln sollte, wobei mir in der Wahl des Stoffes keinerlei Einschränkungen auferlegt wurden.

Schnell war mir klar, dass für dieses Projekt nicht jedes Sujet geeignet war. Zum Einen sollte die Oper einen inhaltlichen Tiefgang besitzen, der es mit der "Infantin" aufnehmen konnte, zum Anderen musste sich die Geschichte in einem Einakter umsetzen lassen.

Mehrere Stoffe, die mich interessierten, schieden aus diesen Überlegungen heraus aus - darunter z.B. eine "Sheherazade"-Vertonung und auch eine Oper die Hans Christian Andersens "Kleine Meerjungfrau" zum Inhalt hätte.

Das Thema "Hexenverfolgung" hingegen, das mich schon seit langer Zeit sehr beschäftigt, erwies sich als brauchbare Grundlage. Nach der Lektüre mehrerer Romane, die die entsprechende Zeit behandeln, gelang es mir relativ schnell, ein für eine einaktige Oper geeignetes Handlungskonzept zu entwerfen.

In einer sehr konzentrierten Form wird in der Oper der Beginn einer solchen Prozeßwelle geschildert, so wie es sich auch in Wirklichkeit abgespielt haben könnte, bzw. tatsächlich viele Male abgespielt hat.

Insofern ist der Titel der Oper "Hexentanz" in mehrfacher Hinsicht zu verstehen:

  • es ist der Tanz auf dem Marktplatz, der in Dore den Wunsch weckt, Agnes einen Denkzettel zu erteilen
  • die Tatsache, dass Agnes allein auf dem Marktplatz zurückbleibt und tanzt, macht sie in den Augen der Mädchen "verdächtig" und veranlasst sie zu ihrer - eigentlich nur halb ernst gemeinten - Anklage
  • die angeblichen Mittäterinnen, die Agnes unter Folterqualen angibt - und deren Namen ihr möglicherweise auch in den Mund gelegt wurden - werden beschuldigt, gemeinsam mit ihr beim "Hexentanz" gewesen zu sein
  • der eigentliche "Hexentanz" - nämlich der wahnsinnige Kreislauf von Denunziation,Verhaftung, Verhör, Folter - schließlich Geständnis und Hinrichtung, jedoch zuvor die Angabe weiterer "Mittäterinnen", die nun ebenfalls der Gerichtbarkeit ausgeliefert werden - beginnt erst, wenn die Oper eigentlich schon zu Ende ist.

Historisch unwahrscheinlich ist, dass sich ein solches Geschehen von Verdacht, Verhör und Hinrichtung an ein- und demselben Tag abspielte, wie es in der Oper der Fall ist. Tatsächlich aber sind Prozesse belegt, die kaum länger als eine Woche gedauert haben.

Wie meine früheren Stücke orientiert sich auch "Hexentanz" am Vorbild der klassisch/romantischen Oper und unterteilt sich in zehn musikalische Nummern, die durch gesprochene Dialoge verbunden sind.

Die Musik ist wieder möglichst eingängig gehalten.

Das "Hexenlied" von Stichlerin, Hatzin, Dore und Marie, die Erzählung von den Hexenprozessen in anderen Orten, gliedert sich in ein dreistrophiges, volkstümliches Lied, das jeweils in einen beschwingten, walzerartigen Refrain mündet, der von allen vier Solistinnen gesungen wird.

Der Tanz auf dem Dorfplatz orientiert sich stark an einem bekannten mittelalterlichen Springtanz.

In der Anklage, die Dore und Marie gegen Agnes vorbringen, erklingen im Orchester unterstützend Motive, die von den jeweiligen Geschehnissen, wie z.B. dem Tanz, oder auch dem Gewitter berichten, ehe der gesamte Chor in nahezu hysterische Anschuldigungen ausbricht. Ferner verwende ich in diesem Stück auch Motive eines Liedes aus der Zeit der Bauernaufstände "Wir sind des Geyers schwarzer Haufen", das als Revolutionslied für den Bauernführer Florian Geyer galt.

Agnes' Gang zur Richtstätte wird durch einen vierstimmigen Sprechchor kommentiert, der durch einen Trauermarsch des vollen Orchesters begleitet wird.

Eine besondere Bedeutung kommt der Verarbeitung des altdeutschen Volksliedes "Es ist ein Schnitter der heißt Tod" zu, das im 16. Jh., u.a. auf dem Hintergrund der Hexenverfolgungen, entstand und sich gewissermaßen als musikalischer roter Faden durch die gesamte Oper zieht:

  • Bereits in der Ouverture erklingt es und stimmt den Zuschauer auf die Handlung ein.
  • Wenn Pater Johannes das Volk zum Bußgebet auffordert, wird es als Choralsatz verwendet - zunächst als vierstimmiger Chor, später, wenn alles Flehen keinen Erfolg mehr verspricht, als einstimmigen Satz, der von wild dahinjagenden Läufen im Orchester begleitet wird, nach dem Geständnis der Agnes hingegen, als scheinbar alles Unheil abgewendet ist, wird die Melodie in Dur zu einem jubelnden Dankgebet.
  • Schließlich vermischt es sich im Finale in vom Orchester übernommenen Einwürfen mit der vom Chor gesungene Melodie des "Hexenliedes" - unversöhnlich und offen endet die Oper mit der ersten Phrase "Es ist ein Schnitter, der heißt Tod", um zu unterstreichen, dass die Hexenjagd in diesem Dorf erst begonnen hat.
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  Impressionen von den Aufführungen

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  Videobeispiele


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  Bildergalerie


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