Unterhaltsames aus meinem Sängerleben
Auf dieser Seite habe ich ein paar amüsante Begebenheiten zusammengetragen, die ich als Sängerin (teilweise auch als Regisseurin) erlebt habe.
Ich wünsche viel Vergnügen!
Aus Datenschutzgründen verzichte ich auf die Nennung von Namen und Aufführungsorten.
Aus dem Konzertsaal
Bei der Generalprobe zu Grauns "Der Tod Jesu" besprach mein Tenor-Kollege mit mir die Ausgestaltung der Fermate in unserem Duett: "Also ich bleibe einfach unten liegen und du machst über mir dein Ding ..."
Worauf die Kantorin die Augenbrauen hob und meinte: "Ach? Gibt es da was, was ich wissen sollte ...?"
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Auf dem Weg zu einem Liederabend blieb mein Auto plötzlich stehen.
Mit einiger Mühe glückte es mir, den Veranstalter zu erreichen, der versprach, mich vom Autobahnstandstreifen einzusammeln, der ADAC wiederum erklärte sich nach größten Überredungskünsten bereit, das Auto auch ohne mich zu mir nach Hause zu bringen.
Einigermaßen echauffiert kam ich gerade noch rechtzeitig vor Konzertbeginn an.
Eines der ersten Lieder, die ich zu singen hatte, hatte den beziehungsvollen Titel und Textanfang "Mein Wagen rollet langsam"...
(Was mich veranlasste, in der Pause festzustellen: "Wenn mein Wagen ja noch langsam rollen würde! Das Problem ist, dass er gar nicht mehr rollt ...")
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In John Rutters "Requiem" hat der Solo-Sopran nach einer ziemlich heiklen Passage einen hohen Ton noch drei Takte lang auszuhalten. Für gewöhnlich stellte das für mich kein Problem dar. Nur fiel es in einer Probe dem Dirigenten ein, in der bewussten Passage immer langsamer zu werden. Ich erstickte fast, lief rot an, meine Augen wurden immer größer - der im Zuschauerraum sitzende Chor verfolgte das Geschehen amüsiert. Irgendwie brachte ich die Stelle doch noch zu einem guten Ende, kurz darauf klopfte der Dirigent ab. Erbost keuchte ich: "Bitte - an - dieser - Stelle - kein ritardando!!!" Der Dirigent war in keinster Weise schuldbewusst: "Aber Sie haben es traumhaft schön gesungen!"
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Ein Kollege und ich wurden engagiert, bei der Eröffnung einer Tagung des Diabetikerbundes zu musizieren. Die Anweisung bezüglich der Stückeauswahl lautete: "Nur nichts zu Schweres ...". Worauf wir sagten: "Alles klar, wir spielen ein bisschen musikalische Schonkost."
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In einer Probe zu Mozarts Orgelsolo-Messe brach der Dirigent das Gloria unmittelbar vor meinem Einsatz ab.
Ich hatte bereits eingeatmet und verschluckte mich daher fast.
Die Stelle wurde wiederholt. Wieder atmete ich ein - wieder wurde abgebrochen.
Bei der dritten Wiederholung sagte ich mir: "Die werden ja doch wieder unterbrechen.", und atmete nicht ein.
Der Dirigent dirigierte weiter!
Ich schaffte es gerade noch einzusetzen, hatte aber gegen einen gewaltigen Lachanfall zu kämpfen, durch den ich kaum noch singen konnte.
Kaum hatte ich mich halbwegs unter Kontrolle, beugte sich der Dirigent zu mir und meinte freundlich erklärend: "Wir spielen weiter ..."
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Nach einem ziemlich anstrengenden Unterrichtstag musste ich abends noch zu einer Probe. Gefragt, was ich denn zu singen habe, meinte ich genervt: "Die "Er-Schöpfung" von Haydn."
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Trotz meines Ehrgeizes, Unterricht, Proben und Konzerte immer unter einen Hut zu bringen, musste ich an einem besonders vollen Tag einsehen, dass ich unmöglich den ganzen Nachmittag unterrichten, zeitgleich proben und abends das Konzert singen konnte. Mit einiger Mühe gelang es mir, für sämtliche Schüler Ersatztermine zu finden und meinte beifallheischend zum Dirigenten: "So, ich habe all meine Blockflöten verlegt." Der zeigte sich gänzlich unbeeindruckt: "Na, hoffentlich findest du sie wieder ..."
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In einem Konzert sang ich Bachs "Kaffee-Kantate", sowie Telemanns "Kanarienvogel-Kantate". Bei einer Probe beschwerte ich mich: "Also dieses Konzertprogramm übt einen ganz schlechten Einfluss auf mich aus: mein Kaffee-Konsum ist sprunghaft gestiegen - und gestern habe ich mir zwei Kanarienvögel gekauft!"
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Eine Stelle in der "Kaffee-Kantate" geriet dem Dirigenten nicht packend genug. Anfeuernd rief er: "Mehr Dramatik! Wir spielen hier die "Kaffee-Passion!"
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Ein Kollege und ich ließen ein gemeinsames Konzert in einer Pizzeria ausklingen - beide noch dienstlich schwarz gewandet. Teilnehmend erkundigte sich der Wirt: "Hatten Sie einen Trauerfall?"
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Meine Lehrerin beriet mich bei der Repertoireauswahl für Vorsingen in Gemeinden und Kantoreien. Die Wahl fiel schließlich auf Bachs "Pfingst-Kantate" und Mozarts "Exsultate jubilate". Meine Lehrerin meinte: "Das liegt ihnen beides, da können Sie Höhe und Virtuosität zeigen." Verschmitzt lächelnd fügte sie hinzu: "Außerdem ist die Begleitung schwer, da ist der Organist abgelenkt ..."
Von der Opernbühne
In Telemanns Oper "Pimpinone oder Die ungleiche Heyrath" war mein Partner der Sänger, der mich in "Simplicius Simplicissimus" als Landsknecht auf der Bühne herumgestoßen hatte.
Bei "Pimpinone" lag der Fall genau umgekehrt: da hatte ich als Vespetta meinem Bühnengemahl das Leben zur Hölle zu machen. Schnell hieß das Stück bei uns darum "Pimpinone oder Die Rache des Simplicius" ...
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Da ich als einzige im Ensemble passabel Italienisch sprach, wurde ich in einer Probe zu "Pimpinone" ständig aufgefordert, die Handlung zu erläutern, was ich bereitwillig tat. Nach einer Weile fragte mein Partner irritiert: "Hast du das alles nachgeschlagen?"
Und der Dirigent gab grinsend zu: "Ich stelle mich ja dümmer als ich bin - aber du erklärst das so schön ..."
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Für einen neugegründeten Opern-Verein schrieb ich das Liederspiel "Das Bandel oder Die Tücke des Objekts", in welchem ich Original-Klavierlieder von Mozart zu einer Opernhandlung verknüpfte.
Ich selbst sang bei der Uraufführung die Rolle der Luise
Da ich das Stück als öffentliche Generalprobe bezeichnet hatte, sollten wir Sänger als Einleitung diskutierend auftreten, Requisiten an Ort und Stelle räumen und ähnliches. Der Regisseur meinte zu mir: "Und du darfst noch gar nicht fertig sein - am besten bist du noch nicht frisiert." Die Maskenbildnerin erhob Einspruch: "Eine Frisur, wie Bettina sie bekommt, kann man nicht in fünf Minuten machen!" Der Regisseur stutze kurz, ließ sich aber nicht beirren: "Na gut, dann kommt sie eben ohne Kleid."
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Im "Bandel" sollte ich bei dem Lied "Als Luise die Briefe ihre ungetreuen Liebhabers verbrannte" vergeblich versuchen, mehrere Streichhölzer anzuzünden und die besagten Briefe schließlich zerreißen. Zu diesem Zweck sollten die Streichhölzer entsprechend unbrauchbar gemacht werden.
Dachte ich zumindest - denn in der Generalprobe wollte sich gleich das erste offenbar seine natürliche Bestimmung nicht nehmen lassen. Es flammte auf und ließ sich kaum löschen.
Vorwurfsvoll wandte ich mich nach der Probe an den Regisseur: "Sagtest du nicht, die Streichhölzer seien präpariert???"
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Finale und titelgebendes Werk von "Das Bandel oder Die Tücke des Objekts" ist Mozarts berühmtes Bandel-Terzett. Im Stück haben an dieser Stelle Luise und ihr Liebhaber Damötas nach einem spurlos verschwundenen Seidenband zu suchen. Bei der Uraufführung bezog ich in diese Suche pantomimisch auch die erste Publikumsreihe mit ein. Hierauf ließ sich ein hilfsbereiter Zuschauer vernehmen: "Der Herr Fritz hat es!"
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In einer Vorstellung von "Das Bandel oder Die Tücke des Objekts" geschah es, dass Herr Fritz für sein Trinklied mit Damötas nur ein Glas im Korb vorfand. Geistesgegenwärtig reichte er dieses seiner Kollegin - und trank selbst aus der Flasche.
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Probe zu "Der fliegende Holländer".
Der Chordirektor versäumte es in der sehr furiosen Schlussfuge des 2. Akts, das Stichwort zu geben. Prompt verpasste der 2. Sopran seinen Einsatz. Erbost fragte der Chordirektor: "Und was machen Sie, wenn bei der Aufführung die Solistin ihren Einsatz nicht kriegt - und die Aussicht sind gut, dass sie ihn nicht kriegt ..."
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Eine Produktion von Donizettis "Lucia di Lammermoor" war von einer extrem kurzfristigen Probenplanung geprägt, sodass der Extra-Chor nur selten vollzählig anwesend war. Als das doch einmal vorkam, registrierte der Chordirektor dies mit freudigem Staunen. Bissig erkundigte sich ein Chormitglied: "Sind Sie sicher, dass Sie nicht doppelt sehen?" Darauf konterte der Chordirektor schlagfertig: "Ja, glauben Sie denn, Ihr Gesicht wäre auch noch doppelt zu ertragen...?"
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Bei einer Bühnenprobe zu Lucia di Lammermoor blieb am Ende des 2. Aktes der Vorhang an einem fahrbaren Wandschirm hängen. Prompt ertönte die sonore Stimme des Sängers, der Raimondo verkörperte: "Houston, we've a problem!"
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Bei einer Volkhochschulproduktion sang ich die Titelpartie in Hartmanns "Simplicius Simplicissimus". Der Regisseur erläuterte sein Konzept: "Immer zu Beginn eines Aktes fällt Simplicius' Stock auf den Boden - mal sehen, ob das jemand merkt." Ich antwortete gelassen: "Vermutlich schon - ich falle ja meistens mit!"
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Rollengemäß legten die Kollegen von "Simplicius Simplicissimus" mir gegenüber auf der Bühne recht raue Umgangsformen an den Tag.
Der Darsteller des Hauptmanns fasste das einmal lapidar zusammen: "Irgendwie sind wir hier überhaupt nicht nett zu dir!"
Was ihn allerdings nicht daran hinderte, mir in einer Probe einen so heftigen Stoß zu geben, dass ich rücklings und mit beträchtlichem Getöse in ein Sortiment Gläser stolperte, die auf dem Boden standen. Einen Moment lang herrschte Totenstille, dann meinte der Hauptmann beeindruckt: "Das hab ich noch nie geschafft: alle Becher und den Krug!"
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Da ich im "Simplicius"-Ensemble die einzige Autofahrerin war, nahm ich in der Regel die Kollegen mit. Bei einer Fahrt gerieten dabei die Sänger des Einsiedels und des Landsknechts in eine Diskussion darüber, was einen Besserwisser ausmacht. Darüber vergaßen sie völlig, mir zu sagen, wie ich fahren sollte. Deshalb schaltete ich mich schließlich ein: "Darf sich der Allereinfältigste mal erkundigen, wie der Weg nun weitergeht?" Leutselig legte mir der Einsiedel die Hand auf den Kopf und zitierte: "Mein guter Simplici, denn anders kann ich dich nicht nennen," und flugs wurde der folgende Originaltext "wenn du das Vaterunser betest, musst du also sprechen:" umgedichtet in: "wenn du nach Bockenheim willst, musst du also fahren:"
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Aufregungsbedingt unterlief der Sprecherin in "Simplicius Simplicissimus bei der Premiere ein Textfehler. Statt "Im Jahre Eintausendsechshundertundachtzehn" sagte sie nämlich "Im Jahre Eintausendsechhundertundsechzehn". Worauf ich die Frage in den Raum stellte: "Ist das nun Geschichtsverfälschung?"
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Bei einer Produktion von "Der fliegende Holländer" wurde der Damenchor im 3. Akt in geradezu scheußliche Kostüme gesteckt und gespenstisch geschminkt. Nach einem Blick in den Spiegel meinte ich: "Irgendwie kann ich völlig verstehen, dass die im Holländerschiff, sich lieber tot stellen, als sich mit uns abzugeben!"
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Am Premierenabend von "Der fliegende Holländer" stand ich vor dem Problem, dass das theatereigene Parkhaus bis zum letzten Platz besetzt war. Verzweifelt kurvte ich herum, ohne einen Parkplatz zu finden. Der Zeitpunkt, zu dem ich in der Maske hätte sein sollen, rückte näher, verstrich. Endlich fand ich die ersehnte Parklücke - nur um beim Aussteigen festzustellen, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich eigentlich war, geschweige denn, in welcher Richtung das Theater lag.
Hilfeflehend wandte ich mich an einen seinen Hund spazierenführenden Passanten: "Bitte, wo geht es zum Theater?"
"Ei, wolle se zum Schdaadsdeader?"
"Ja!"
"Ei, warum parke se denn da so weid wech, des is abber e ganzes Schdüg! Da is doch auch e Diefgarasch!"
"Ja, die war aber voll."
"Ei, schpille die de ,Dadderich'?"
"Nein, den 'fliegenden Holländer'!"
"Ach, un da wolle se hie?"
"Ja, ich muss mitmachen!"
"Ei, Mädche, Mädche, da müsse se sich jetz abber beeile ..."
Nach diesem kurzweiligen Geplänkel war der hilfsbereite Passant zu einer Wegbeschreibung bereit und ich erreichte das Theater gerade noch rechzeitig zum Auftritt.
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Eine spektakuläre Produktion von "Faust I & II", die anlässlich eines großen Stadtjubiläums stattfand, zeichnete sich durch absolut chaotische Organisation, endlose Proben, in denen Chor und Schauspieler oft stundenlang untätig herumsitzen mussten und wenig inspirierte Einfälle aus.
So musste der Chor in einem Akt 40 Minuten regungslos und mit dem Gesicht zur Wand auf der Bühne stehen.
Der Chor nahm dies zum Anlass, den Textanfang des Sirenenchores" "Leicht bewegt, in mäß'ger Eile" wie folgt umzudichten: "Unbewegt, in mäß'ger Laune" ...
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Der Regisseur in Verdis "Simone Boccanegra" gab dem Chor in einer Szene die wenig überzeugende Anweisung, bis zu einem bestimmten Stichwort stehenzubleiben, danach geschlossen zur Rampe zu gehen.
Anschließend verlor er den Chor für den Rest der Probenzeit fast völlig aus den Augen
Irgendwann kam die Meinung auch, der recht gekünstelt wirkende Regieeinfall sei überholt. Stattdessen lösten sich nun aus dem Block kleine Grüppchen, die sich zur Rampe bewegten, sodass beim nächsten Einsatz alle vorne standen. Mit dieser Variante waren alle zufrieden und sie wurde über Wochen hinweg so durchgeführt.
Bis dem Regisseur in der Hauptprobe der unglückliche Einfall kam, dem Chor wieder etwas mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Empört schrie er auf die Bühne: "Was machen Sie denn da? Sie sollten doch bis zum Stichwort alle oben stehen bleiben ..."
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In "Simone Boccanegra" gab es für den Chor einerseits zahlreiche Einsätze hinter der Bühne, aber auch turbulente Auftritte, teils auf fahrender Drehbühne, teils in völliger Dunkelheit. Das ging nicht immer reibungslos ab.
In der Generalprobe ereilte auch mich das Schicksal: ich stolperte über eine Treppenstufe, fiel hin, kam glücklicherweise sofort wieder auf die Beine und war gerade noch rechtzeitig zum Einsatz auf meinem Platz.
Die Zuschauer hatten nichts bemerkt, wohl aber die Kollegen, die sich nach der Szene besorgt erkundigten, ob auch nichts passiert sei. Ich meinte darauf nur: "Ich weiß gar nicht, was ihr wollt - die Regieanweisung war doch: das Volk stürzt auf die Bühne!"
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Erste Bühnenprobe zu "Die Meistersinger von Nürnberg"
Der Chordirektor gab dem Darsteller des Beckmesser sein Stichwort vor der Prügelfuge: "Darf ich mich Meister nennen?" Darauf Beckmesser höflich: "Ich weiß es nicht."
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Auf dem Weg zum Chorsaal fragte mich eine Kollegin: "Wer macht denn heute die Probe?" Ich sagte: "Laut Probenplan der Chordirektor und sein Assistent." Verblüfft rief meine Kollegin: "Mein Gott, was haben die denn vor? Wollen die vierhändig spielen?"
Unterricht, Chor und Regie
Bei einer Produktion von Bizets Oper "Carmen" war ich als Chorleiterin und Bühnendirigentin verpflichtet. Die für mich insgesamt wenig erfreuliche Arbeit gipfelte bei der Wiederaufnahme in einer Auseinandersetzung mit dem Regisseur, als ich ihn darauf aufmerksam machte, dass ich bei einer Bühnenprobe, wie mit dem Dirigenten von vornherein abgesprochen, wegen einer lange feststehenden anderen beruflichen Verplichtung nicht anwesend sein konnte. Das Gespräch endete unversöhnt. Entsprechend wenig motiviert fuhr ich zur Generalprobe - um festzustellen, dass bei dieser sowohl Don José, als auch Escamillo fehlten, was offensichtlich völlig in Ordnung war. Sarkastisch bemerkte ich daraufhin: "Na prima: kein Liebhaber und kein Rivale, Carmen kann in Frieden alt werden und wir uns das Ganze sparen!"
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Ich unterrichtete eine recht gehemmte zehnjährige Schülerin, als der Musikschulleiter ins Zimmer kam. Vehement drehte sich das Mädchen um und schleuderte ihm die Übung mit dem Wortlaut: "Mach die Türe zu!" entgegen - zum ersten Mal so überzeugend, dass der Schulleiter eingeschüchtert meinte: "Mach ich ja gleich ..."
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Etwas pikierte Blicke erntete eine Schülerin, welche die Übung "Geh doch weg!" voller Inbrunst durch das halbgeöffnete Fenster schmetterte. Dort ging nämlich gerade ein Ordnungshüter vorbei, der falschparkende Autos aufschrieb ...
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Von jeher viel es mir etwas schwer, Kollegen oder Vorgesetzten eine Bitte abzuschlagen. So auch, als ich eine Früherziehungsstunde an einem Tag übernehmen sollte, den ich mir eigentlich freihalten wollte. Der Schulleiter merkte mein Zögern und reagierte prompt: "Sie sollen ja nicht das Gefühl haben, dass ich Sie hier zu etwas überreden will, das auf keinen Fall ... ich würde Sie auch mal zu einem Eis einladen, wenn Sie den Kurs freitags machen ..."
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Während ich im Studium für Auftritte immer eine extrem lange Vorbereitungszeig gebraucht hatte, stellte ich nach meinem Lehrerwechsel überrascht fest, dass ich selbst zu den unmöglichsten Tageszeiten nur noch ein sehr kurzes Einsingen brauchte, um für das Konzert einsatzbereit zu sein, ja, dass ein Training am Vormittag bis zum Abend ausreichen konnte. Als ich meiner Lehrerein gegenüber einmal meine Verwunderung darüber äußerte, meinte sie: "Warum wundert Sie das? Wenn Sie morgens singen können, können Sie das meistens später am Tag auch noch - oder probieren Sie nachmittags noch einmal aus, ob Sie noch laufen können?"
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Nach einer nicht ganz einwandfreien Passage sagte meine Lehrerin vorwurfsvoll zu mir: "Sie denken! - Sie dürfen ja auch denken, Sie dürfen es sich nur nicht anmerken lassen!"
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Der finanzielle Aspekt meines Berufes war lange Zeit nicht gerade meine Königsdisziplin. So vergaß ich bei den Verhandlungen meiner ersten Musikschulanstellung völlig, nach dem Honorar zu fragen, was mir erst beim Ausfüllen eines Fragebogens für die Versicherung auffiel. Ich stürzte also ans Telefon, um das Versäumnis nachzuholen: "Ich wollte gerne mal wissen, wieviel ich bei Ihnen eigentlich verdiene." Darauf erhielt ich vom Musikschulleiter die höchst präzise Auskunft: "So viel wie möglich."
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Von einer kirchlichen Institution wurde ich gefragt, ob ich den dortigen Blockflötenunterricht übernehmen wolle. Weil ich gerade auch mit einer Musikschule in Verhandlung stand und daher noch nicht wusste, ob sich die Termine vereinbaren ließen, konnte ich nicht sofort definitiv zusagen. Endlich bekam ich grünes Licht und rief im Sekretariat an: "Ich melde mich wegen dem Blockflötenunterricht ..." Die Sekretärin unterbrach mich: "Daraus wird nichts, wir haben keine Lehrerin gefunden." Darauf ich: "Ich bin die Lehrerin ..."
Studienzeit
Nach nur 2 1/2jährigem Gesangsstudium legte ich vergezogen meine Bühnenreifeprüfung ab.
Die Prüfungskommision bestand aus erfahrenen Sängern, sowie dem Chordirektor der Oper, unter dem ich schon seit einiger Zeit im Extra-Chor sang.
Die Herren diskutierten kurz aber heftig, forderten mich dann auf, Ännchens Arie "Kommt ein schlanker Bursch gegangen" aus Webers Oper "Der Freischütz" zu singen. Der Chordirektor beugte sich zum Prüfungsvorsitzenden und meinte verschwörerisch: "Also, uns beide kann sie damit schon mal nicht meinen ..."
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Parallel zu meinem Studium arbeitete ich in einem Musikverlag.
Dort rief eines Tages ein verzweifelter Kunde an. Er habe die Bach-Kantate 210 ausgeliehen, nun würde ihnen die Sopranistin fehlen und er wollte gerne wissen, wer das Stück vorher hatte, damit er da mal nachfragen könnte ...
Meine Kollegin bemerkte fröhlich: "Och, 'ne Sopranistin steht hier gerade neben mir - wollen Sie sie mal sprechen?" - und drückte mir den Hörer in die Hand.
(Das Engagement bekam ich übrigens tatsächlich ...)
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Während meines Studiums sammelte ich erste Bühnenerfahrungen in einem Opern-Extrachor.
Zu der Generalprobe zu Wagners "Rienzi" hatte eine Zuschauerin ihren Säugling mitgebracht. Der war zunächst still und brav, fing dann aber doch an zu schreien - genau in dem Augenblick als die Sängerin der Irene auf der Bühne sang: "Welch ein Klang?" und ihre Partnerin bestätigte: "Wie schauerlich!"
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Bei einem Liedinterpretationskurs legte die Dozentin besonderen Wert auf eine übertrieben deutliche Aussprache. Eine Kursteilnehmerin fasste die ständigen Anweisungen und Korrekturen in einem lapidaren Satz zusammen: "Immer schön schpucken!"
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Bei einem Interpretationskurs demonstrierte die Kursleiterin einer Kommilitonin, wie sie die "Blumen-Arie" aus Gounods Oper "Margarethe" darstellen sollte. In Ermangelung eines Blumenstraußes benutzte sie einen Kastanienzweig, der allerdings im Verlauf der Probe immer kahler wurde. Das letzte Blatt fiel in dem Moment, als die Lehrerin triumphierend deklamierte: "Lass sehen, ob sie verwelken? Nein! Satan, ich spotte dein!" ...
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Mit 17 Jahren nahm ich an einem Workshop teil, bei welchem ich in Offenbachs Operette "Salon Pitzelberger" die ältliche Frau Semmelhas zu spielen hatte. Die Maskenbildnerin mühte sich redlich, mich zur Aufführung in eine würdige Matrone zu verwandeln. Dies allerdings zunächst nur mit mäßigem Erfolg, denn als ich zum ersten Mal geschminkt auf die Bühne kam, fragte einer der Orchestermusiker entsetzt: "Was ist denn mit dir passiert?" Ich erklärte ihm: "Ich soll alt aussehen!" "Aha!" Der Musiker musterte mich noch einmal eingehend und meinte dann nüchtern: "Du siehst aber nicht alt, sondern schmutzig aus!"